Mittwoch, 20. April 2016

Meta: Ein Post, der beinahe geschrieben wurde,... (2)

Bildrechte liegen beim MDR/-and. 


... wenn nicht die Vertreter der Stadtverwaltung die Beantwortung von Fragen verweigert hätten. Dieses mal: Freital und der Terror. Außerdem: Kurzkorrekturen zu einem älteren Artikel: Die Polizei schützt unsere Grundrechte nicht noch weniger, als gedacht.


Freital und der Terror von rechts


Die Stadt Freital scheitert daran, ihr Problem mit rechten Verfassungsfeinden zu lösen. Die Verantwortlichen erscheinen völlig blind für die Herausforderungen vor denen sie stehen. Jede Äußerung aus dem Rathaus klingt, als könnten sich die Verantwortlichen nicht vorstellen, dass es Politik außerhalb ihrer Amtsstuben gibt. Als könnten sie sich nicht vorstellen, dass es ein Problem ist, wenn in der ganzen Stadt "No Asyl"- und "NS"-Schriftzüge gesprüht sind. Sie machen sich keine Vorstellung davon, wie bestärkend diese Schriftzüge auf Rechtsterroristen und solche die es werden wollen wirken müssen. 

Die Recherche begann mit dieser Facebook-Statusmeldung von "Laut gegen Nazis". Die Initiative führt eine so genannte "Counter Speech Tour" durch, um rechter Wortergreifung etwas entgegenzusetzen. Nach den Ereignissen um das Hotel Leonardo ist Freital ein natürlicher Veranstaltungsort. Doch anders als in anderen angefragten Städten, stellt sich hier die Stadtverwaltung quer. Der Bürgermeister Uwe Rumberg reicht die Bearbeitung gleich an den Justiziar weiter.

Die Initiative bemüht sich daraufhin um private Veranstaltungsflächen. Bemerkenswert ist aber nicht, dass eine privaten Veranstaltung nicht durch die Stadt unterstützt wird, sondern die Begründung. Zum einen will man keine "Kulturveranstaltung" von außen. Zum anderen behauptet man, es gäbe keine rechtsextremen Strukturen in Freital und die Veranstaltung an sich diene nur dazu, Freitals Image zu verschlechtern.

Da waren schon seit vier Monaten die drei Rädelsführer der Bürgerwehr Freital/ 360° in Untersuchungshaft. Einige Tage später fordert die Bundesanwaltschaft die Akten zum Fall an. Implizit steht schon da der Terrortatbestand im Raum. Warum sonst, sollte der Generalbundesanwalt Interesse an dem Fall haben? 

Nach einigen so illustren Beispielen, wie NSU, Sturm34, Skinheads Sächsische Schweiz, Oldschool Society hat Sachsen eine neue Gruppe Rechtsextremer und führt bundesweit weiter stolz die Statistik rechter Terrorgruppen an. Die politische Resonanz auf die Nachricht ist allerdings fast gleich null, nur die SPD veröffentlicht sofort ein eindeutiges Statement. 

Die CDU in Gestalt des Innenpolitikexperten Christian Hartmann beschwert sich bei solchen Gelegenheiten gern, dass sich SPD Minister außerhalb ihres Ressorts engagieren. Der Unterschied mag sein, dass die Kinder dieser Minister auch Opfer rechter Gewalt geworden sind. Auch hier fehlt Politikern wie Christian Hartmann einfach die Vorstellungskraft.

Am 05. April übernehmen Bundesbehörden den Fall. Zum Einen eine Frage der Zuständigkeit, aber die Äußerungen lassen den Schluss zu, dass Sachsens Polizei, Justiz und Verfassungsschutz bis zuletzt keine Veranlassung sahen, einen Terrorverdacht in den Raum zu stellen. Die Ermittlungen wurden nicht freiwillig an die Bundesbehörden abgegeben.

Plötzlich erden andere Bandagen aufgezogen.In der Nacht zum 18. April stürmt die GSG9 mehrere Wohnungen, fünf Personen werden festgenommen und Beweismaterial wird gesichert. Gegen drei der fünf Verdächtigen wurde bisher Untersuchungshaft angeordnet. Nachtrag: Inzwischen sitzen alle fünf in U-Haft.

Für den Freitaler Bürgermeister ist das immer noch kein Anhaltspunkt, seine Meinung zu ändern. Er spricht auffällig von "politischen Extremisten", als ob Freital ein Problem mit der RAF oder einer aktiven und gewalttätigen Hausbesetzerszene hätte.

WarumDresden wäre gern näher dran geblieben, aber der Kontakt mit den Verantwortlichen in Freital war schwierig. Am 5. April, also an dem Tag, als die Bürgerwehr Freital auch für die Behörden zur Terrorgruppe wurde, fragten wir bei der Leiterin Öffentlichkeitsarbeit Inge Nestler nach: Gibt es ein Statement zu den Ermittlungen? Wie steht die Stadt jetzt zur Aussage, es gäbe keine organisierte Neonaziszene? Was wird gegen die Schmierereien unternommen?

Die Antwort war trocken: Wo soll das veröffentlicht werden? Wir wiesen die Pressesprecherin darauf hin, dass sie laut Pressegesetz, Telemediengesetz und Grundgesetz verpflichtet ist, auf Presseanfragen immer wahrheitsgemäß und vollständig zu antworten, wen dem nicht andere Rechtsgüter entgegenstehen. Egal wo veröffentlicht wird. Offenbar in der realistischen Annahme, freie Journalisten würden ihre Rechte nicht einklagen, antwortete die Pressesprecherin nicht mehr.

Am 7. April wurde durch die Initiatoren der Counter Speech Tour bekannt gegeben, dass die Stadt Freital nun doch eine Veranstaltung unterstützen würde. Vorangegangen waren monatelange Verhandlungen mit der Kreisverwaltung und der Stadt. Auch die Frage, ob sie dazu ein Statement abgeben wolle, ließ Inge Nestler unbeantwortet,

Über den Freitaler Bürgermeister Uwe Rumberg gibt es auch schmeichelhafte Artikel. Zum Beispiel diesen. Fakt ist aber: Rassistische, nationalsozialistische Schmierereien, Gewaltdrohungen und Anwendung waren für ihn so lange kein Problem, wie er von den hiesigen Medien in Ruhe gelassen wurde. Und Dinge die "von außen" kommen, können einen Freitaler nur aus der Ruhe bringen, wenn sie das Image der Stadt gefährden. Oder die GSG9 einrückt.

Die Counter Speech Tour kann jetzt mit Unterstützung der Stadt stattfinden. Die Frage aber bleibt: wie spürbar Faschismus erst für CDU-Politiker werden muss, bevor sie sich gegen Rechts positionieren. Eindeutig. Ohne Zweifel. Ohne Blick nach links oder auf vermeintlich kriminelle Ausländer. Uwe Rumberg hat den Schritt noch nicht gemacht.

Nachtrag: Die Polizei schützt unsere Grundrechte... plusminus


In dem schon im Teaser verlinkten Artikel heißt es, dass bei einem Vorfall in Chemnitz ein Polizist einen Demonstranten, den er abführt schlägt. Es heißt weiter, dass dies aus polizeilicher Sicht erklärt werden könnte, wenn man mutig genug wäre. Zuletzt erreichten uns Zuschriften von Polizisten, die auch demonstrieren konnten, wie der Demonstrant hätte abgeführt werden können, so dass der Schlag unnötig geworden wäre. Weiterhin wurde die Meinung geäußert, dass dies völlig unprofessionell gewesen sei, vom Transportgriff bis zum Schlag. Der Tenor des Artikels deckt sich also mit den Zuschriften.

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