Dienstag, 28. März 2017

Der Moment, wo man vor den Toten Hosen steht und keine Lust hat zu berichten

Mit diesem Post beenden wir diesen Blog. Es zeichnete sich ja über das letzte halbe Jahr schon ein wenig daran ab, dass wir so gut wie keine Analysen mehr geschrieben haben. Aber irgendwann reicht es auch. "Warum Dresden?" war mal die Reaktion auf alles, was hier passiert. Jetzt ist es mehr so "Naja, Dresden halt". Wenn man sich nicht mehr wundert und nicht mehr neugierig ist, sondern nur noch frustriert, dann hört man halt auf.

Die ganze Frage lässt sich eigentlich auch mit drei Anekdoten beantworten.


Die eine spielt im Bus an einer Haltestelle: In den ersten zwei Reihen sitzen drei Frauen, die sich nicht kennen und offenbar noch nie etwas miteinander zu tun hatten. Eine weitere Frau rennt über eine rote Ampel um den Bus noch zu erreichen, und man könnte fast wetten, dass der Fahrer geübt hat, die Tür genau so zu schließen, dass sie nicht mehr einsteigen kann. Während ich einfach nur den Kopf schüttle, entspinnt sich zwischen den drei Passagierinnen vor mir ein Dialog, der im Kern aussagt: So muss man das machen, das war richtig, die Rennende hat es nicht verdient einzusteigen. Und alle drei bestärken sich darin und scheinen nach zwei Minuten richtige Freundinnen geworden zu sein.

Keiner von ihnen hätte es weh getan, wenn der Bus gewartet hätte. Keine denkt auch nur eine Minute drüber nach, warum man über eine rote Ampel rennt, um einen Bus zu bekommen. Das macht man doch nicht aus Spaß.

Anekdote Nummer zwei


Zwei ältere Damen, Schwestern, sitzen im Aha-Café neben der Kreuzkirche. Beiden geht es offensichtlich gut, feine Kleidung, teurer Kaffee, teures Essen, kein Zeitdruck. Im Verlauf des Gesprächs stellt sich heraus, eine wohnt seit Jahren in Wien, die andere in Dresden. Sie sehen sich selten und unterhalten sich über Gott, die Welt, Verwandte, was man so macht.

Ein Mann betritt das Café, verteilt selbst gebastelten Nippes auf den Tischen, mit einem Zettel daran. Sinngemäß steht drauf: "Ich bin körperlich behindert, ich mache diese Basteleien in meiner Freizeit, um mir etwas dazu zu verdienen, Sie können sie für drei Euro das Stück kaufen." Er wiederholt seine Runde und sammelt seine Ware wieder ein. Die Wiener Schwester kauft ihm ein Stück ab, aber die Dresdnerin beginnt zu wettern: Plötzlich sind alle blind/taub! Was das denn soll? Da könne ja jeder kommen!

Selbst der Einwurf ihrer Schwester, dass das gekaufte ja hübsch sei und drei Euro nicht viel, sie hätte so schon ein Geschenk für ihren Lebenspartner, bremst die Dresdnerin nicht im geringsten. So etwas gehört verboten und die ganze Welt ist schlecht zu ihr.

Anekdote Nummer drei

Eine Gruppe jovialer Wanderer findet einen Regenschirm dessen Griff abgebrochen ist. Sie nehmen ihn vorerst mit, aber nach etwa fünf Minuten, in denen ein Gespräch über's Autofahren bis zur Ankündigung "Fahradfahrer umzusensen" eskaliert ist, zerbricht ein Wanderer gutgelaunt den Regenschirm, mit den Worten: "Eh ein Kanake den benutzt." In dieser Gruppe war niemand schlecht angezogen, niemand unter 40 Jahre alt.

Moral von der Geschichte


In dem Teil Sachsens, der östlich von Meißen liegt, ist die Dichte von Menschen, die sich aus purer Missgunst wie Arschlöcher verhalten, ob wohl sie es nicht nötig hätten, besonders hoch. Diese Menschen funktionieren nur noch auf der Ebene ihrer niedersten Instinkte und man kann sich nur schämen. Vielleicht wissen sie ja insgeheim, dass sie nichts geleistet haben, um ihren Lebensstandard so hochzuschrauben, wie es ihnen gelungen ist, vielleicht treten sie deshalb nach unten. Auf Menschen, die verzweifelt einen Bus kriegen wollen, auf Behinderte, auf Menschen, die sich selbst über einen Regenschirm mit kaputtem Griff freuen würden.

 Darum Dresden.