Dienstag, 15. März 2016

Meta: Posts, die beinahe geschrieben wurden...

..., wenn nicht die Recherche dazwischen gekommen wäre. Dieses erste Mal mit: Frau Kuge von der CDU Sachsen. Den neuen Helmen der Polizei Sachsen. Und, last but not least: Einem fiesen Eingriff in die Pressefreiheit, den es zwar nicht gab, der aber trotzdem zu Selbsterkenntnis führte.



Frau Kuge von der CDU


Frau Kuge hat sich letzte Woche mit einem Menschen aus ihrem Wahlkreis getroffen. Das Gespräch fand unter vier Augen statt und wäre auch total untergegangen, wenn nicht eine Watchgroup die Social-Media-Aktivität des Bürgers ab und zu mal querlesen würde.

Es stellt sich heraus, dass der Bürger in diversen fremdenfeindlichen Kontexten in Meißen aktiv ist.* Es handelt sich nach den öffentlich verfügbaren Informationen um eine Person, die nicht-biodeutsche Personen offen ablehnt, kulturell wenig über Sachsen hinaus weiß, völkisch denkt und argumentiert und offen mit nationalsozialistischer Symbolik kokettiert.

Auch jetzt gibt es noch kein Problem. Man könnte ja annehmen, dass verantwortungsvolle Politiker*innen den jungen Mann darauf hinweisen, dass die hiesigen Gesetze nicht völkische Privilegien, sondern Grundrechte repräsentieren sollen. Dass die Universalität von Grundrechten ganz wesentlich dazu beiträgt, dass Westeuropa wirtschaftlich so dominant ist. Sie sorgen auch dafür, dass man trotz Tattoos einen Job bekommt und wenn doch nicht, wenigstens ein Leben am Existenzminimum gesichert wird.** Zuletzt sollte er/sie ganz klar darauf hinweisen, dass Faschismus und Nationalismus und die Anknüpfung an den Nationalsozialismus niemandem auf Dauer helfen werden und kreuzgefährlich sind. Außerdem verbreiten sie ein Klima der Angst, worauf im letzten Teil noch einmal eingegangen wird. Das sind keine blöden Streiche und keine Meinungsäußerungen mehr, denn das Recht auf freie Meinungsäußerung hat Grenzen (siehe Artikel 30). Es handelt sich dabei um Verbrechen.

Ob Frau Kuge etwas davon gemacht hat, bleibt unklar. Sie hat den jungen Mann offenbar in ihrer Eigenschaft als Apothekenangestellte beraten, denn sie beruft sich auf eine Schweigepflicht, als sie nach dem Gespräch gefragt wird. Sollte sie das Gespräch aber als Abgeordnete geführt haben, so wie das der Bürger in seinen Kommentaren andeutet, so ergibt sich keine Pflicht zu Verschwiegenheit.

Natürlich hat Frau Kuge das Recht zu schweigen. Aber wenn sie wie oben beschrieben gehandelt hat, dürfte es dafür keinen Grund geben. Leider ist der Sachverhalt ohne sie nicht aufklärbar, da weder sie, noch ihre Landtagsfraktion sich auf Nachfrage dazu äußern.

Nachtrag 16.03.2016: Frau Kuge hat sich inzwischen gemeldet, aber nicht erklärt, woraus sich eine Schweigepflicht ergibt.



*Wer das ist und wo er aktiv ist, schreibe ich hier nicht, weil es bei WarumDresden eher selten um Einzelpersonen gehen soll. Wer Interesse hat, kann es sicher mittels der oben getätigten Verlinkungen leicht herausfinden.

**Die Kritikwürdigkeit dieser Argumente ist dem Autor bewusst, wird aber der Kürze halber übergangen.

Neue Helme für die Sächsische Polizei


Mehrere Medien berichteten von der Helmbeschaffung der Polizei Sachsen. Darin hieß es jeweils, dass das quasi der sicherste Helm eine Polizeibehörde in Deutschland ist und sogar gegen Beschuss aus dem NATO-Kaliber 7,62 x 51mm schützen soll. Begründung war die Terrorgefahr nach den Anschlägen von Paris und eine offenbar damit einhergehende Doktrinänderung. So sollen Streifenpolizisten in der Lage sein, gut ausgerüsteten Terroristen Widerstand zu leisten.

Man muss aufhorchen: Islamistische Terroristen verwendeten bisher so gut wie immer Kalaschnikows mit den Warschauer-Pakt Kalibern 7,92 x 39mm oder 5,45x39mm. Diese Patronen haben ungefähr halb so viel oder weniger Durchschlagskraft, wie das NATO-Kaliber. Letzteres wurde bisher eigentlich nur von biodeutschen Terroristen verwendet oder bei Neonazis gefunden. Man horcht auf: Hat man in der Staatskanzlei/dem Innenministerium eventuell mehr Angst vor Neonazis oder RAF x.0? Ist man nur vorsichtig?

Worauf bereitet sich die Polizei Sachsen vor? Die Recherche ergab: Auf Querschläger von jagdlichen Fehlschüssen. Denn der neue Helm schützt zwar gegen die genannte Gewehrmunition, allerdings nur als Weichkernpatrone mit geringer Geschwindigkeit, also in 275m Entfernung oder mehr. Gegen Beschuss aus "terrorüblichen" Kalaschnikows mit der zugehörigen Hartkernmunition eher nicht. Wobei, wenn man sich beschaut, wie viele legale Waffenbesitzer unter den Rechtsextremismusverdächtigen in Deutschland rum lungern, ist Schutz vor Jagdmunition vielleicht doch eine sinnvolle Vorbereitung.

Zum Thema "bester Helm": Die Polizei Bayern hat mit ihrer viel belachten Ausrüstung tatsächlich Helme der Schutzklasse 4 bestellt. Die schützen wirklich vor Schüssen aus Sturmgewehren. Offenbar haben die hiesigen Zeitungen beim Hersteller der Helme abgeschrieben.

Bescheidung der Pressefreiheit


Wie immer wieder hier im Blog beschrieben, sind die Freiheitsrechte aus der Verfassung unteilbar. Auch wenn man sich von der Pressefreiheit nicht berührt sieht, vermindert die Einschränkung eines Grundrechts die Freiheiten aller.

Was war passiert? Auf Twitter verbreitete sich dieses Video. Eine kurze Recherche führte auch zu dieser Meldung. Zusammen mit der Beschreibung des Videos, wirkt alles so, als ob die Polizei den Journalisten von einem öffentlichen Platz entfernt und damit die Berichterstattung unterbunden hätte. Um den Vorgang zu skandalisieren aufzuklären, rief ich den Reporter an.

Was wirklich passiert ist:  Er begab sich zur Polizei nachdem sich die Szene im Video abspielte. Er verweilte noch etwa zehn Minuten bei den Beamten und ging dann freiwillig. Soweit, so in Ordnung: Veranstalter können Personen aus ihren Veranstaltungen ausschließen. Wenn diese dem nicht Folge leisten, muss die Polizei den Wunsch des Veranstalters durchsetzen. Stellen wir uns einen Neonazi mit Presseausweis (der ja, siehe Pressefreiheit, nicht mal nötig ist) auf einer Veranstaltung der Falken vor, dann wird klar, dass das auch sinnvoll ist. Dem Journalisten muss aber ermöglicht werden, von öffentlichen Veranstaltungen zu berichten. Das heißt: Die Polizei muss den Reporter direkt neben der Veranstaltung auch schützen. So war es in diesem Fall auch.

Warum es trotzdem ein riesiges Problem ist: Ich gebe zu, mir fällt das nicht mal mehr auf. "Natürlich" ist es gefährlich, als Journalist erkennbar zu sein. "Natürlich" ist es gefährlich in der Nähe rechter Veranstaltungen. "Natürlich" macht man sich klein im Angesicht von Bedrohung. 

Aber die Atmosphäre der Angst, die erzeugt wird - durch namentliches Nennen und sonstige Identifikation vermeintlich anders Denkender, die konkrete Gefahr, denen diese Menschen ausgesetzt werden, ist der eigentliche Skandal hier und alles andere als "natürlich". Jeder Mensch muss angstfrei leben können. So lange das nicht ohne Staat funktioniert, muss ein moderner Rechtsstaat das umsetzen und durchsetzen. Man ist ein bisschen ratlos, wie das passieren soll.

Nachtrag 16.03.2016: Sächsisches Versammlungsgesetz nochmal gelesen. Nach Artikel 5 dürfen Pressevertreter mit Presseausweis nicht von Versammlungen in geschlossenen Räumen ausgeschlossen werden. Stellt sich die Frage, wie das mit der Pressefreiheit zusammengeht. Antwort vielleicht später mal.

Aus Artikel 10 ergibt sich, dass der Veranstalter Teilnehmer ausschließen kann, die keinen Presseausweis bei sich haben. Aus Artikel 18 ergibt sich, dass beide Artikel bei Veranstaltungen unter freiem Himmel keine Anwendung finden. Der Ausschluss eines Menschen durch den Leiter einer Versammlung unter freiem Himmel ist also nicht möglich. Die Polizei kann dagegen Menschen von der Versammlung ausschließen. Dies hat sie in diesem Fall nicht getan. Sie hat aber auch nicht das Recht des Pressevertreters geschützt. WarumDresden bleibt dran so gut es geht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen