Freitag, 26. Februar 2016

Essay: Die Polizei schützt unsere Grundrechte nicht

Die Sächsische Polizei steigert sich in einen gefährlichen Trend: Zivilgesellschaftliche Akteure vertrauen ihr immer weniger. Dafür ist sie nur zum Teil selbst verantwortlich, aber ein Gegensteuern ist weder bei den politischen Verantwortlichen, noch bei der Polizei selbst erkennbar. (Etwa 10 Seiten. Hier geht‘s zur Kurzversion.)

Der Nobelpreisträger Douglass North beschäftigt sich mit nichts anderem, als der Mechanismen, wie Gewalt in modernen Gesellschaften vermieden wird. Ein an Gesetze gebundenes und alle gleich betreffendes Gewaltmonopol und Rechtssystem des Staates ist ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal von modernen Demokratien gegenüber anderen Gesellschaftsformen.

Mit den Worten des Sächsischen Polizeiinspekteurs klingt das so: „Polizisten haben das Recht und die Pflicht, Gewalt anzuwenden, um das Wohl der Menschen zu schützen.“

Dieses System funktioniert aber nur dann, wenn die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung auch daran glaubt. Dieses Grundvertrauen wird jedoch in Sachsen immer wieder erschüttert. Die drohenden, massiven Konsequenzen sind jetzt schon erahnbar: Mehr Gewalt und die Nutzung krimineller Methoden in der politischen Auseinandersetzung.

Insbesondere Menschen am vermeintlichen Rand der Mehrheitsgesellschaft –Linke, Obdachlose, vermeintliche und tatsächliche Ausländer usw. – werden zu potentiellen Opfern gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Für sie ist es am wichtigsten, dass das Gewaltmonopol nicht zerbröselt.

Es muss vor der Polizei dabei völlig unwichtig sein, ob jemand links oder rechts, jung oder alt, klug oder dumm ist. Menschen akzeptieren die Polizei so lang als „Ordnungshüter“, wie jeder von den gleichen Einschränkungen betroffen ist.

Das Vertrauen in die sächsische Polizei erodiert an verschiedenen Berührungspunkten immer stärker und beginnt selbst bei bürgerlichen Menschen zu bröckeln. In diesem Blogpost soll gezeigt werden, wo und wie das passiert (erster Abschnitt), warum es (besonders in Sachsen) passiert (zweiter Abschnitt), was dagegen unternommen werden kann (dritter Abschnitt) und was die Entscheidungsträger entscheiden müssen (letzter Abschnitt).

Essay: Die Polizei schützt die Grundrechte nicht - Kurzfassung

Die Sächsische Polizei steigert sich in einen gefährlichen Trend: Zivilgesellschaftliche Akteure vertrauen ihr immer weniger. Dafür ist sie nur zum Teil selbst verantwortlich, aber ein Gegensteuern ist weder bei den politischen Verantwortlichen, noch bei der Polizei selbst erkennbar. (Hier geht‘s zur Langversion.)

Im Moment gewinnen auch relativ unpolitische Bürger, egal welcher Couleur den Eindruck, dass die Polizei auf der Seite von PEGIDA steht. Wenn Parteifunktionäre bürgerlicher Parteien der Polizei nicht mehr vertrauen, ihre Aufgabe im Rechtsstaat wahrzunehmen, dann ist die Polizei nicht mehr neutral. Sie wird zum Akteur, ob sie das will oder nicht. So kann sie ihre Aufgabe im modernen Rechtsstaat nicht mehr wahrnehmen. 

Daran ist die Polizei durch ihre Handlungen zum Teil selbst Schuld: Selbst wenn man der Polizei die besten Intentionen unterstellt, unterliegt sie Zwängen und Prozessen, die zu denkwürdigen Resultaten führen. Zu nennen sind individuelle und zahlenmäßige Überforderung die zu brutalerem oder unzureichendem Eingreifen führen.


Aber auch: Desorientierung, das Einschleifen von Feindbildern, der berühmte Corpsgeist, das Gefühl, sowieso nicht erfolgreich agieren zu können. Eben wegen des Corpsgeistes und der Affinität autoritärer Personen zum Polizeidienst haben geschlossene Polizeieinheiten eine Schlagseite hin zum rechten politischen Spektrum. Dass diese Einstellungen zu Handlungen werden, muss durch Gegenstrategien verhindert werden.

Dazu gehören unter anderem: mehr Bildung für Polizisten, mehr Ansprechpartner außerhalb der Kommandokette, mehr Transparenz für polizeiliches Handeln vor, während und nach Einsätzen.

Jeder Polizist muss wissen, dass der Schutz der Grundrechte gleich nach dem Schutz von Leben seine oberste Pflicht ist und seinen körperlichen Einsatz fordert. Vorgesetzte, die ihnen weniger durchgehen lassen, schaffen letztendlich Raum für Selbstjustiz.

Die Polizei braucht ein professionelles, ziviles Selbstbild, eine personelle Aufstockung und eine neue Führung nebst Innenminister.

Montag, 15. Februar 2016

Clausewitz und PEGIDA - Analyse war gestern

Dieses Essay wird versuchen, grundsätzliche Gedanken zum Umgang mit PEGIDA aus einem Werk abzuleiten, dessen Fokus weit jenseits von demokratischer Willensbildung liegt. Das Ideal unserer Gesellschaft ist ein inklusives, bei dem Lösungen im Diskurs gefunden und demokratisch legitimiert werden. Wesentlich hierfür ist die Abwesenheit von Gewalt.

Ein "Gewaltexperte" wird hier zu Hilfe genommen, um Strategien zu entwickeln, nicht um Gewalt zu fordern. Clauswitz selbst weist immer wieder auf die automatische eskalatorische Wirkung von Gewalt hin. Einen zivilisierten, demokratischen Endzustand gewaltsam anzustreben ist grundsätzlich fehlerhaft.

Mit dem Konzept der "National befreiten Zone" ist das beschrieben, was sich in Dresden breit gemacht hat, und den Austausch von Meinungen unterdrückt: Die Angst vor verbalen, körperlichen oder gar terroristischen Attacken, wenn Meinungen geäußert werden. Insgesamt soll dieser Essay auch nicht "taktische Mittel" entwerfen, sondern "strategische Ziele identifizieren". Es geht nicht um "Autos anzünden" vs. "ignorieren" vs. "blockieren" , etc. Es geht darum, einen Weg zu suchen, zivilgesellschaftlichen Austausch zu beleben.

tl;dr: Gaaaanz unten gibt es eine Checkliste.

Freitag, 5. Februar 2016

Interpretation: Gedanken von Polizeipräsident Kroll zu #dd0602

Disclaimer: Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine reine Interpretation, die nicht durch Quellen gedeckt ist, sondern einzig auf Demoerfahrungen aus Dresden beruht. Im Folgenden werden die wesentlichen Aussagen des Präsidenten der Polizeidirektion Dresden vorgestellt und mit Blick auf den Demosamstag interpretiert. Am Ende des Textes gibt es eine kurze Zusammenfassung.